Publiziert von Bernhard Schiesser und Wolfgang Wallner am 11. Nov. 2020
Entgegen Gerüchten: Die Winterübertrittszeit wird wie geplant über die Bühne gehen.
Die Herbstsaison 2020 wird als eine der außergewöhnlichsten in die Geschichte des Fußballs eingehen. Die coronagebeutelte Spielzeit wurde vor einer knappen Woche per Verordnung der Bundesregierung gestoppt. Der Rattenschwanz, der an dieser Entscheidung hängt, ist lang. Frust und Verunsicherung bei den Vereinen sind hoch.
Die größte Herausforderung: Die für den Herbst terminisierten Spiele konnten nicht einmal annähernd durchgeführt werden. In manchen Ligen sind die Unterschiede eklatant, wie das Beispiel 1. Klasse Nord zeigt. Dort steht Großengersdorf mit drei Spielen da, während Leader Poysdorf bereits acht Partien absolvierte. Wann und ob überhaupt die ausgefallenen Spiele nachgeholt werden, ist unsicher.
Das Sportreferat des NÖ-Verbandes wird voraussichtlich am 3. Dezember tagen, um einen „Fahrplan Richtung Frühjahr“ zu erstellen, wie NÖFV-Vizepräsident Robert Ruzak verrät. Definitive Entscheidungen seien jetzt schwer zu treffen: „Wir müssen abwarten, wie sich die Situation bis Jahresende entwickelt. Ob wir überhaupt spielen dürfen, wann und unter welchen Bedingungen und vor allem, wann wieder trainiert werden kann und darf. Derzeit ist leider halt alles reine Theorie und Spekulation.“
Dass im Jänner die Vorbereitung starten kann, bezweifelt Ruzak. Und fürchtet neuerliche Einschränkungen nach den Weihnachtsfeiertagen. „Was auch immer kommt. Wir werden jedenfalls mit einem Konzept vorbereitet sein.“
Zuletzt wurde auch vielerorts über die Wintertransferzeit diskutiert. Die wird, nimmt man die Anzahl der Spiele als Maßstab, „de facto mitten in der Herbstsaison“ stattfinden, wie Ruzak umreißt.
NÖFV-Präsident Johann Gartner bestätigt, dass die Wintertransferzeit bei den Vereinen bereits Thema sei, sich fallweise Vereinsfunktionäre bei der Geschäftsstelle erkundigten. Gartner macht aber deutlich: „Das Aussetzen der Winterübertrittszeit wird als ÖFB-Bestimmung wohl nicht österreichweit umsetzbar sein - wir wollen daher keine falschen Hoffnungen wecken.“ Der ÖFB bestätigt auf NÖN-Anfrage Gartners Ansicht: „Derartige Überlegungen gibt es nicht“, lässt ÖFB-Generalsekretär Thomas Hollerer wissen. Die Transferzeit soll wie geplant von 7. Jänner bis 8. Februar 2021 laufen.
Alternativen wären noch ungerechter
Was dahinter steckt? Viele sehen aufgrund der großen Anzahl an Nachtragsspielen eine Wettbewerbsverzerrung. Klubs mit wenigen Spielen könnten sich mit gezielten Transfers im Winter für die mutmaßlich vielen Spiele im Frühjahr rüsten und sich damit einen Vorteil gegenüber Teams verschaffen, die bereits mehr Spiele auf dem Konto haben.
Alle Alternativen wären aber ebenso problematisch:
- Aussetzen der Transferzeit
Spieler, die im Sommer – unter der Voraussetzung, dass es im Winter eine Wechselmöglichkeit gibt – einen Halbjahresvertrag unterschrieben haben, würden in der Luft hängen. Spieler und Klubs, die bereits während der Herbstsaison aus diversen Gründen getrennte Wege gingen, könnten im Winter nicht reagieren.
- Transfers erst später schlagend
Die Möglichkeit, dass Spieler, die im Winter wechseln, aber erst ab der ersten regulären Frühjahrsrunde spielberechtigt wären, klingt nur auf den ersten Blick verlockend und sinnvoll. Die Chance ist nämlich groß, dass in dieser speziellen Saison nur die Hinrunde gespielt werden kann und sich die Spieler dann ins „Abseits“ transferieren würden.
Zitiert
„In dieser Saison gab es schon so viele Dinge, eine Transfersperre würde vermutlich nicht mehr diesen argen Unterschied machen. Wenn arbeitsbedingt Spieler nicht mehr Fußball spielen können, weil sie schon mehrmals in Quarantäne waren, muss man den Vereinen die Möglichkeit geben, etwas zu tun. Aus Sicht Kottingbrunns ist es mir aber egal.“Kottingbrunn-Trainer Andreas Haller
„Für uns wäre es schwierig, weil wir schon vorgehabt haben Spieler zu holen. Wir haben schon ein paar Gespräche geführt, wollen in der Breite besser sein , weil wir auch viele verletzte Spieler haben. Uns würde eine Transfersperre treffen.“Bad Vöslau-Obmann Behrooz Khiaban
„Ich würde es befürworten. Wenn vielleicht ohnehin nur eine Halbsaison gespielt wird, wäre das fair. Sonst könnten Vereine vorne wie hinten Geld in die Hand nehmen und vermutlich so leicht wie möglich ihr Ziel erreichen.“Trumau-Trainer Thomas Markytan
„Es wäre der logische Schluss aus der ganzen Geschichte. Wenn aber zwei Spieler aufhören und Drei verletzt sind, kannst du die nicht ersetzen. Es wäre die fairste Variante, aber unter Umständen der Todesstoß für manche Vereine.“Reisenberg-Trainer Robert Haager
„Das halte ich definitiv für richtig. Wenn nur ein Grunddurchgang gespielt wird, kann kein Team mit sechs neuen Spielern auftauchen. Eine Transferzeit nur für die Rückrunde wäre natürlich okay.“Ebreichsdorf-Sektionsleiter Wolfgang Heidenreich
„Wenn es so kommt, würde es uns vielleicht sogar entgegenkommen, weil wir einen recht großen Kader haben. Ansonsten holen wir ein, zwei Spieler für die Defensive dazu, da hatten wir im Herbst ein paar Probleme.“Pfaffstättens Sektionsleiter Raimund Schmidt
„Das wäre meiner Meinung nach willkürlich. Solche Änderungen müsste man uns früher sagen.“Weissenbachs Sportchef Raimund Horvath
„Egal was passiert. Jeder Lösung wird so sein , dass es für manche Vereine super ist und für andere ist die Lösung ungerecht. Meiner Meinung nach sollte man möglichst viel machen, wie in normalen Zeiten. Sonst kommt nur ein Kuddelmuddel raus.“Tribuswinkel-Obmann Harald Schweiger